«Der kaufmännischen Grundbildung mehr Gewicht geben»
Nicole Meier wird per 1. Januar 2025 Co-Präsidentin von BIKAS – als Nachfolgerin von Adrian Haldemann. Sie ist seit Anfang 2024 Mitglied des BIKAS-Vorstands. Nicole Meier ist im Vorstand der IGKG Schweiz – Trägerin der Branche «Dienstleistung und Administration» sowie «Kaufleute EBA» – und leitet beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) das Ressort «Bildung und berufliche Aus- und Weiterbildung».
Frau Meier: Die Delegiertenversammlung hat Sie einstimmig zur neuen Co-Präsidentin von BIKAS gewählt. Gratulation. Was motiviert Sie für dieses Amt?
BIKAS ist eine junge Institution. Ich möchte dazu beitragen, dass sie sich erfolgreich entwickelt und etabliert und ein vertrauenswürdiger Ansprechpartner gegenüber den Branchen, den Verbundpartnern und weiteren Akteuren der Berufsbildung ist. Zudem freue ich mich sehr auf die noch engere Zusammenarbeit mit Bruno Schumacher. Er hat mit dem bisherigen Co-Präsidenten Adrian Haldemann wertvolle Basisarbeit geleistet. Darauf können wir aufbauen.
Sie vertraten bisher im BIKAS-Vorstand den Schweizerischen Arbeitgeberverband. Welches Interesse hat Ihr Verband an der kaufmännischen Grundbildung?
Der Verband war bereits in der Vergangenheit als Träger der IGKG Schweiz aktiv. Der Arbeitgeberverband hat ein Interesse daran, gerade bei den branchenübergreifenden Berufen für seine Mitglieder einzustehen und deren Interessen gesamthaft zu vertreten. «Kaufleute» ist der meistgewählte Lehrberuf der Schweiz. Entsprechend exponiert steht er im Schaufenster der Politik. Da sollten die Dachverbände als Bindeglied agieren. Sie können in kritischen Momenten vermitteln und zu konstruktiven Lösungen beitragen. Als BIKAS-Co-Präsidentin werde ich jedoch primär die Branche «Dienstleistung und Administration» – also die IGKG Schweiz – vertreten.
Sie sind auch Mitglied in der Tripartiten Berufsbildungskonferenz (TBBK), dem zentralen Steuerungsgremium der Berufsbildung. Wie profitiert BIKAS von dieser Vernetzung?
In der TBBK werden Themen besprochen, die sich auf die Berufe auswirken. Für die Trägerschaften ist es schwierig, den Überblick zu behalten. Umgekehrt ist es für die Dachverbände wichtig, an den Trägerschaften «nahe dran» zu sein und so direkt Reaktionen und Rückmeldungen zu gewissen Themen zu erhalten. Die Dachverbände bemühen sich, die Organisationen der Arbeitswelt gut einzubinden.
BIKAS durchlebt eine intensive Zeit: Einführung der neuen kaufmännischen Grundbildung, Umsetzung einer neuen Strategie, Wechsel im Präsidium und in der Geschäftsleitung. Welche Baustelle packen Sie zuerst an?
Es wäre nicht seriös, bereits heute eine abschliessende Antwort zu geben. Wir müssen uns im Co-Präsidium zuerst abstimmen. Zu den zentralen Aufgaben des Co-Präsidiums gehören aber sicherlich die Organisationsentwicklung und die Umsetzung der Strategie. Die Arbeiten rund um die Einführung der neuen kaufmännischen Grundbildung werden hingegen grossmehrheitlich von den Ressorts übernommen.
Haben Sie sich mit Co-Präsident Bruno Schumacher schon über die Arbeitsaufteilung unterhalten? Wer übernimmt welche Themen bei BIKAS?
Der Entscheid, das Co-Präsidium zu übernehmen, ist erst vor Kurzem gefallen. Bruno und ich waren aber bereits zuvor im Austausch und werden die Aufgabenteilung besprechen. Es wird Themen geben, die wir bewusst gemeinsam angehen, und andere, die wir aufteilen.
Die Bildungsverordnung für die 2023 eingeführte neue kaufmännische Grundbildung wurde noch vor der KI-Revolution ausgearbeitet. Steht bereits die nächste Reform an?
Eine der Stärken der Berufsbildung ist, dass die Lerninhalte regelmässig überprüft werden. Die Handlungskompetenzen werden aus dem Berufsalltag abgeleitet. KI verändert den Berufsalltag und damit einige Handlungskompetenzen. Vor allem beeinflusst KI, wie gewisse Handlungskompetenzen ausgeführt werden. Den Bildungsplan wird aber diesbezüglich erst angepasst, wenn der Grossteil der potenziellen Ausbildungsbetriebe KI im Alltag einsetzt. Grundsätzlich habe ich grosses Vertrauen in den Berufsentwicklungsprozess, solange die Änderungen entlang der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts erfolgen.
Welche Vision haben Sie für die kaufmännische Grundbildung?
Die Leistungen der Berufsbildung sind vielfältig: frühe Integration in die Arbeitswelt und Gesellschaft, Talentförderung, Schaffung einer Tagesstruktur, Initialisierung von Karrieremöglichkeiten… Es muss unsere Vision sein, dass auch in Zukunft ehemalige KV-Lernende Spitzenpositionen in der Wirtschaft besetzen – sei es in KMUs, in Grossbanken oder in Institutionen der Verbundpartner – und mit Stolz auf ihre ersten Schritte ins Berufsleben zurückblicken.
Carte blanche zum Schluss: Welchen Wunsch haben Sie an die Akteur:innen der kaufmännischen Grundbildung?
Ich wünsche mir, dass wir die Chance nutzen, die uns BIKAS bietet – der kaufmännischen Grundbildung ein Gesicht und mehr Gewicht zu geben. Damit wir auch in Zukunft viele junge Menschen erfolgreich in die Berufswelt begleiten können.
Interview: Rolf Marti
Zur Person Das Thema Bildung begleitet Nicole Meier ihr ganzes Arbeitsleben hindurch. Schon während ihres Wirtschaftsstudiums arbeitete die heute 41-Jährige als Lehrperson an einer Kantonsschule. Nach dem Master-Abschluss war sie zuerst als CEO des Vereins Young Enterprise Switzerland und ab 2013 bei HotellerieSuisse tätig. Dort war sie Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung und für die Themen «Bildung» und «Bildungsentwicklung» zuständig. Nach einer Zwischenstation beim Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung als Fachbereichsleiterin Weiterbildung ist sie seit Sommer 2019 als Geschäftsführungsmitglied des Schweizerischen Arbeitgeberverbands verantwortlich für das Bildungsressort.